Artikel erstellt: 13.12.2024, zuletzt geändert am 22.10.2025, Aufrufe: 384

Gewichtswebstuhl selbst bauen: Detaillierte Anleitung

Überblick: Was dieser Artikel behandelt

In diesem Beitrag geht es um die Herstellung eines Gewichtswebstuhls. Du erfährst, wie die einzelnen Teile zusammenarbeiten und wie du das Gestell bauen kannst. Spätere Arbeitsschritte, wie die Kette aufgebäumt, ↗, die Anfangskante angelegt und die Litzenstäbe angebracht werden findest Du hier. Eine Anleitung zum Webprozess am Gewichtswebstuhl ↗ steht hier.
Um das Grundprinzip zu verstehen: Ein Gewichtswebstuhl besteht aus einem einfachen Holzgestell, an dem Fäden straff gespannt werden. Am unteren Ende hängen Gewichte, die die Fäden unter Spannung halten. Das Rundholz am oberen Ende nennt sich Tuchbaum und dient dazu, das fertige Gewebe aufzuwickeln. Vorne an den Stützpfosten sind mehrere Leisten beweglich aufgelegt. Sie spielen eine zentrale Rolle: Sie ermöglichen es dem Weber, die senkrechten Fäden in verschiedene Positionen zu bringen, indem sie in bestimmten Abständen eingerastet werden. Die Maße sind variabel und können an die Anforderungen des Nutzers oder die Gegebenheiten vor Ort angepasst werden.

Materialien und Werkzeuge: Historisch und modern

Für den Bau eines Gewichtswebstuhls waren die nötigen Materialien in der Vergangenheit leicht verfügbar: Vom Baumarkt der Natur bezog der Mensch von der Steinzeit bis ins Mittelalter das benötigte Holz und andere Ressourcen direkt aus der waldbestandenen Umgebung.
Heutige Handwerker können die Holzteile entweder in maschinell abgerichteter Perfektion im Holzhandel erwerben, oder treiben mit etwas Glück beim Rückschnitt im Garten etwas Passendes auf.

Tuchbaum: Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten

Der Tuchbaum muss absolut gerade sein, und stabil genug, um unter der Last der angehängten Webgewichte nicht durchzuhängen. Die Länge des Tuchbaums sollte die geplante Gewebebreite um etwa 20–30 cm auf beiden Seiten übertreffen. Dieser Überstand schafft Platz für den Abstand zu den Pfosten, die drehbare Auflage in den Astgabeln der Pfosten sowie eine Bohrung zur Befestigung eines Stoppers.
Für die meisten Webprojekte, die von Einzelpersonen durchgeführt werden, übersteigt die Tuchbreite selten einen Meter. Bei breiteren Geweben, die mehr Webgewichte erfordern, muss der Tuchbaum entsprechend dicker und stabiler gewählt werden.
Wer auf die maschinell gefertigten, perfekt genormten Pfosten aus dem Baumarkt verzichtet und ein authentisches Aussehen bevorzugt, kann die Oberfläche eines geschälten, astfreien Stammes in ihrem ursprünglichen Zustand belassen. (siehe: Holzarten ↗). Diese Variante ist technisch völlig ausreichend.
Für eine elegantere Ausführung bieten sich gestalterische Details an: Häufig wurde in den kreisrunden Querschnitt des Holzes eine Nut zur Aufnahme der Tuchbaumleiste eingearbeitet. Solche Variationen sind rein ästhetischer Natur und haben keinen Einfluss auf die Funktionalität des Tuchbaums.

Tuchstab

Die schmale Leiste am Tuchbaum ermöglicht das Befestigen der vielen senkrechten Fäden. Sie wird später vom Weber am Tuchbaum fixiert. Für den Bau des Webstuhls genügt es, eine schmale Leiste im Maß der Gewebebreite vorzubereiten. Der Querschnitt kann rund oder halbrund sein.

Pfosten und Aufleger

Der Tuchbaum soll über Kopfhöhe drehbar gelagert werden. Eine einfache Lösung besteht darin, zwei Holzstangen mit Astgabelungen zu verwenden, in denen der Tuchbaum ruht. Diese Holzstangen können ohne zusätzliche Stützen an die Wand gelehnt werden.
Für den modernen Hobbyweber, der den Webstuhl flexibler nutzen möchte (etwa für den Transport oder um ihn freistehend aufzustellen), können die Seitenstützen aus Brettern gefertigt werden. In diesen Brettern werden Auflagen für den Tuchbaum eingekeilt. Solche Bretter bieten außerdem eine gute Fläche für Verzierungen, wie zum Beispiel Schnitzereien, falls das gewünscht ist.

Stopper

Damit das aufgewickelte Gewebe nicht durch das Gewicht der Webgewichte von selbst abrollt, können einfache Holzstäbe als Stopper verwendet werden. Dafür werden zwei Löcher gebohrt: eines quer durch den Tuchbaum und das andere in den Pfosten.
Wenn anstelle eines runden Pfostens ein flaches Brett verwendet wird, ist eine Bohrung in der Schmalseite des Brettes nicht praktikabel. In diesem Fall wird der Stab stattdessen durch die Auflage des Tuchbaums geführt.

Trennstab

Auf Kniehöhe verbindet ein Querholz die beiden seitlichen Pfosten. Für eine einfache, archaische Variante genügt eine daumendicke Haselnussrute, die mit Schnüren an den Pfosten befestigt wird. Bei aufwändigeren Modellen kann der Trennstab mit Holznägeln fixiert oder durch tischlergerechte Verbindungen wie Zapfen oder Verkeilungen stabil montiert werden. Der Trennstab hat nicht nur die Aufgabe, das Gestell zu stabilisieren, sondern spielt auch eine wichtige Rolle beim Weben: Er teilt die Fäden in eine vordere und eine hintere Gruppe. Da die Fäden beim Weben am Holz des Trennstabes entlang gleiten, sollte die Oberfläche sorgfältig geglättet werden, um ein Reißen der Fäden zu verhindern.

Litzenstäbe

Litzenstäbe sind einfache Rundhölzer, die lang genug sein müssen, um zwischen den beiden Pfosten zu liegen. An den Enden sollten die Schnittkanten sauber abgerundet werden, damit keine Wollfäden hängen bleiben. Bohre an jedem Ende ein kleines Loch quer durch den Stab. Ziehe einen starken, stabilen Faden so fest, dass er von einem Loch zum anderen als gespannter Doppelfaden entlang der Länge des Stabes verläuft. Stelle drei solcher Litzenstäbe her. Der Weber kann später entscheiden, ob er für die gewünschte Gewebebindung nur einen, selten zwei oder häufiger drei Stäbe nutzen möchte. Indem du alle drei bereitstellst, schaffst du maximale Variationsmöglichkeiten.

Abstandhalter

An jedem Seitenpfosten werden drei größere Bohrlöcher angebracht, die jeweils eine Handspanne voneinander entfernt sind und den gleichen Abstand zum Trennstab haben. In diese Löcher werden Halterungen eingesetzt, deren Form sich am beigefügten Bild orientiert. Die einfache, archaische Lösung besteht darin, Astgabeln zu verwenden.
Die Abstandhalter ermöglichen es, den Litzenstab flexibel zu positionieren: entweder direkt am Pfosten anliegend oder in einem Abstand von etwa 20 cm. Diese Funktion erlaubt es dem Weber, Fadengruppen präzise so zu führen und zu trennen, wie es der Webvorgang erfordert.

Gewichte

Webgewichte sind oft das einzige, was Archäologen von Gewichtswebstühlen finden, da sie meist aus unvergänglichem Material wie Stein oder gebranntem Ton bestehen. Sie können donut- oder kegelförmig sein, und der Ton kann gebrannt oder ungebrannt sein. Ungebrannter Ton neigt jedoch dazu, sich abzureiben und die Fäden zu verschmutzen, was schwer zu entfernen ist. Um eine gleichmäßige Fadenspannung zu gewährleisten, müssen alle Webgewichte dasselbe Gewicht haben, das zwischen 100 g und über 1 kg liegen kann –jede Gewichtsklasse ist möglich. Praktischerweise verfügen die Gewichte über ein Loch, mit dem sie an den Fadengruppen befestigt werden können. Technisch gesehen erfüllen sogar Sandsäcke alle Anforderungen des Webens. Wenn der Webstuhl jedoch eine bestimmte Kultur oder historische Stufe repräsentieren soll, ist es wichtig, sich an der Form und dem Gewicht der Funde aus dieser Zeit zu orientieren.
Du benötigst mehrere Kilo Ton. Wie viel genau, hängt davon ab, wie viele Gewichte du brauchst und wie groß diese sind. Hier zwei Beispiele zur Berechnung:

Beispiel 1:
Wenn du mit einer Webbreite von 1 Meter und einer vierschäftigen Bindung webst, und gern alle 10 cm ein Gewicht anbringen möchtest: Das ergibt 40 Webgewichte.
Da jedes Gewicht pro 10-Zentimeter-Strecke nur an einem Viertel aller Fäden hängt, können diese Gewichte recht leicht sein. Bei gut laufenden, glatten Fäden reicht ein Gewicht von 100 g aus. Sind die Fäden jedoch störrisch und klebrig, solltest du das Gewicht auf 200 g oder mehr erhöhen, um eine gleichmäßige Spannung zu gewährleisten.

Beispiel 2:
Du willst alle 20 cm ein Gewicht einhängen, und webst auf zwei Metern Breite in Leinwandbindung. Das ergibt 20 Gewichte insgesamt.
Bei derselben Fadendichte hängen jetzt viermal so viele Fäden wie im ersten Beispiel an jedem Gewicht. Bei grober oder klebriger Wolle sind hier möglicherweise Webgewichte von einem Kg oder sogar mehr ratsam.

Die Beispiele machen deutlich, wie sich die Anzahl der Webgewichte und deren Gewicht je nach Webtechnik und Material ändern. Die angegebenen Gewichtsangaben sind als relative Größen zu verstehen und sollten nicht allzu genau genommen werden: Es ist unwahrscheinlich, ein exaktes Zielgewicht zu erreichen, da sich der Ton im Laufe des Prozesses verändert. Du kannst das Gewicht nur im feuchten, formbaren Zustand abwiegen – nach dem Trocknen und Brennen wird der Ton ohnehin etwas leichter sein.
Forme die Gewichte entweder frei mit der Hand oder rolle den Ton wie einen Teig zu gleichmäßiger Stärke aus, und steche die Formen mit Blechdosen aus. Zum Brennen der Gewichte kannst Du einen einfachen Grubenbrand nutzen, wenn kein Brennofen zur Verfügung steht.

Schärrahmen

Dieses Hilfsmittel gehört nicht direkt zum Webstuhl, ist jedoch für den Webprozess praktisch. Verbinde zwei Bretter von jeweils einem Meter Länge so, dass sie einen rechten Winkel bilden. An den drei Ecken der Konstruktion bohrst du Löcher, in die ein Stab von ebenfalls einem Meter Länge passt. Diese Stäbe müssen fest verkeilt werden, damit sie stabil und ohne Spiel sitzen und nicht herausrutschen. Wenn zwischen zwei Stäben ein hoher Zug aufgebracht wird, sollten sie leicht nachgeben und sich biegen können, um eine gewisse Flexibilität zu ermöglichen.

Hinweis

Nun ist der Webstuhl fertig. Hier lernst Du, ihn einzurichten ↗

Quellen:
  • Marta Hoffmann, The Warp-Weighted Loom. Studia Norwegica 14, Oslo 1964.