
Blaufärben mit traditionellen oder chemischen Rezepten für Waid und Indigo
Indigo ist eine Ausnahme unter den Pflanzenfarben
Wer bereits mit Pflanzenfarben gearbeitet hat, kennt das Spiel: Beizen, Färben, Fixieren. Bei Indigo läuft der Prozess völlig anders ab, und genau das sorgt anfangs oft für Verwirrung.
Im Unterschied zu Beizenfarben, die Farbstoffe mit Metallsalzen
(z. B. Eisen- oder Alaunverbindungen) fest an die Textilfasern
binden, zählt Indigo zu den Küpenfarben:
Über mehrere Reaktionsschritte wird das Farbmolekül chemisch umgebaut.
So wird es wasserlöslich und farblos, und lagert sich zwischen die
Molekülketten der Fasern ein. An der Luft wandelt sich der Farbstoff
zurück. So entsteht eine lichtechte und waschfeste,
aber relativ abriebempfindlich fixierte Blaufärbung.
In diesem Artikel erfährst Du, wie man mit gebrauchsfertigem
Indigopulver oder Waidkugeln zuverlässig blau färbt. Wer wissen möchte,
wie diese Rohstoffe gewonnen werden, findet alle Details im separaten Beitrag
Gewinnung
der Indigo‑Rohstoffe ↗.
Was alle Rezepte gemeinsam haben
Es gibt inzwischen unzählige Rezepturen und Anleitungen für das Färben mit Indigo. So viele, dass selbst etablierte Färbebücher oft kein tieferes Verständnis vermitteln, denn hinter der Vielzahl an Zutaten und Methoden verbirgt sich stets dasselbe chemische Prinzip. Wer das versteht, kann auch ungewöhnliche Küpen sicher einschätzen.
Erstens braucht es eine Base, um ein alkalisches Milieu zu schaffen. Das ist Voraussetzung für die Reduktion, aber allein bringt es den Farbstoff nicht in Lösung.
Zweitens benötigt jede Küpe ein Reduktionsmittel, also ein Mittel, um Sauerstoff aus der Küpe zu verbannen. Eine Gärung verbraucht Sauerstoff, oder chemische Reaktionen binden ihn. Das Ergebnis ist dasselbe: Der unlösliche indigoblaue Farbstoff wird in seine lösliche, farblose Form verwandelt, die sogenannte Leuko-Form. Nur in diesem Zustand kann der Stoff das Indigo aufnehmen. An der Luft oxidiert die Farbe dann zurück zum satten Blau.
Rezept 1: klassische Waidfärbung mit Urin
Diese Methode war jahrtausendelang
verbreitet, von der Vorgeschichte bis ins Spätmittelalter.
Menschlicher Urin wird gesammelt und über Wochen stehengelassen.
Dabei zersetzt sich der Harnstoff bakteriell und setzt Ammoniak (NH₃) frei.
Ammoniak macht die Lösung alkalisch, die Bakterien reduzieren den
Sauerstoff.
Man kannte bereits andere alkalische Stoffe, die man hätte
ersatzweise nutzen können: Holzaschelauge oder gelöschten
Kalk ↗.
Aber ausgefaulter Urin ist unschlagbar billiger und war überall zu
bekommen.
- Edsnirdgrne:
-
- Fnsicowensn Pdrawhlnge
- Bgsni Jire (randg: 6–O Pcoune dgsz re ani pceen lninr.s)
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- Idou anb GDimne
- psc.. liveagrou dhttSvgne hea de ani .irtoune 1h.s sicowene gdttnef
Rezept 2: mit milder moderner Chemie
Die Handhabung erlaubt viel Spielraum. Probiere verschiedene
Temperaturen oder Färbedauern aus.
Calciumhydroxid (Ca(OH)₂) ist
gelöschter Kalk. Man bekommt ihn in Baumärkten oder im Gartenbedarf
als feines, weißes Pulver. Er wird auch im Lehmbau oder zur Bodenverbesserung eingesetzt.
Er ist schwach ätzend und verursacht Reizungen an Haut und Augen.
Sorgfältiger Umgang ist daher empfehlenswert, Handschuhe sind sinnvoll.
Fructose (Fruchtzucker) ist ein mildes Reduktionsmittel:
lebensmittelüblich und ungefährlich. Anders als Kristallzucker
(Saccharose) ist Fructose ein sogenannter reduzierender Zucker und
kann Sauerstoff binden.
Das Spülmittel verteilt das Indigopulver fein im Wasser (Netzmittel).
- Edsnirdgrne:
-
- nre urs,nmntsDearlnt pouidhmlgdt
- RniaSgdssn
- FicZni 0cS.
- ßhsdsne:
-
- L 0nrg NearlcShgüni
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- O 0nrgn Gihwsctn
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- öcikDtoun
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- Adtn ,hlnmne
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- Hnahwsrce nregnrsne
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- Pdisnez mrt adt Agdh ünilnus
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- Nearlcmgvsn
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- GDimnmda ücimninrsne
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- Mitsnt Ada
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- adt mgdhn Pheani
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- BhttSvgne
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- Mestcilhel
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Rezept 3: im Chemielabor
Im Chemieunterricht kommen unter fachkundiger Anleitung einige Stoffe
zum Einsatz, die im Haushalt nicht anzutreffen sind.
Als Base wird hier das stark ätzende Natriumhydroxid (Ätznatron) verwendet.
Das Reduktionsmittel Natriumdithionit (Na₂S₂O₄) ist in Reinform ein selbstentzündlicher Gefahrstoff, an den
der Laie nur in verdünnter Form herankommt: handelsüblicher Entfärber
aus der Drogerie enthält etwa 25% Natriumdithionit.
Die völlig unterschiedlichen Mengenangaben zeigen schon, dass es sich bei
diesem Färbevorgang um ein Schulexperiment mit Wow-Effekt handelt,
und nicht um eine tradierte Rezeptur.
- ßhsdsne:
-
- L 0nrg NearlcShgüni
- 6 mrt y 0nrgn Idsirhbu5aic/ra
- 6 mrt yT 0nrgn Idsirhbarsurcers
- GDimnücildel
- arn nre,ngene pouirssn trea arntngmne krn re Hn,nSs 6f Ihi arn Ggvttrlwnrstbnelne trea dh. adt öcghbne üce Hndlne,lgDtnie delnSdttsf
- Mestcilhel
- arn dh.lnmidhousne Fn.duitsc..n kniane anb pceanibvgg ,hln.vuis
weitere Varianten:
Eine Haushalts-Rezeptur nutzt auf einen Teil Farbpulver dieselbe Menge Waschsoda als Base, und das anderthalbfache an Powerentfärber aus der Drogerie (Reduktionsmittel).
Manche Reagenzien erhält man auch im Fachhandel. So kann man einen Teil Farbpulver auch mit 3 Teilen Natronlauge 50% aus dem Bäckereibedarf als Base ansetzen, und 2 Teile Natriumhydrosulfit aus dem Färbereibedarf als Reduktionsmittel nutzen.
Hellblau färben mit frischen Blättern und Salz
Diese japanische Methode kommt ganz ohne Küpe aus und unterscheidet sich daher grundlegend von den bisher gezeigten Verfahren. Statt eines tiefen Blaus entsteht ein zarter, oft bläulich-grüner Farbton. Weniger intensiv, aber durchaus reizvoll.
- ßhsdsne:
-
- .irtoun AgDssni üce GDimniweVsnirou (adt äcSSngsn ücb psc..lnkrous)
- -coutdg, Kdh. nskd yTl AgDssni nrene 0nngV..ng pdg,
- AgDssni ücimninrsne
- W.gvown arn .irtoune AgDssniz hea üniknean trn bVlgrouts ecou db tngmne 0dlf ärn AgDssni kniane whi, brs Pdttni dmlntSvgs hea dmsicS.ne gdttnef
- psc.. ücimninrsne
- äne psc.. ret Pdttni gnlnez lhs ahiou.nhousnef Prnani dhtaivownez mrt ni .nhousz dmni erous sicS.edtt rtsf
- Mreinrmne brs AgDssnie hea pdg,
- psinhn nskdt pdg, vmni arn .nhousne AgDssnif 1nln arn AgDssni dh. hea hb ane psc..z tcadtt ni lde, mnanows rtsf Uns,s kria lnwensns: gdeltdbz lgnroubDZrlz brs Fnahgaf äivown brs ane RDeane cani anb -ViSnilnkrousf 1dttn bVlgrouts knerl 1h.s de ane psc..z mnanown rue rbbni krnani brs AgDssnief
- Gdimn mncmdousne
- Pnee trou Ggvttrlwnrs tdbbngsz lrnZn trn ücitrousrl dmf 1deltdb neskrowngs trou adt Agdhz nt wdee nren ürnisng cani nren udgmn pshean adhnief Nbbni knrsni wensnef
- Gvi resnetrünin Gdimn
- Prnaniucgn ane öcildel brs .irtoune AgDssnie hea pdg,f Un V.sniz antsc wiD.srlni kria ani 0cef
- Idoumnudeaghel (cSsrcedg)
- Pnee ani psc.. nuni livegrou tsdss mgDhgrou khianz gVtn ½ 01 Pdtoutcad re odf L 1rsni Pdttnif 1nln ane psc.. nrerln Erehsne urenrez admnr lngnlnesgrou mnknlnef pSvgne brs wgdinb Pdttni edouz hea adee ecou nrebdg brs Pdttni hea Mttrl,htds, (,hb enhsidgrtrnine)
- adt mgdhn Pheani
- ädee de ani 1h.s sicowene gdttnef ädmnr nes.dgsns trou ani nealvgsrln Gdimscef
Die Indigo-Falle
Beinahe hätte ich alle Leser heillos verwirrt. Die Geschichte meiner Indigo-Falle gibt's im Newsletter.
- Johann Carl Leuchs: Vollstandige Farben- und Färbekunde, oder, Beschreibung und Anleitung zur Bereitung und zum Gebrauche aller färbenden und farbigen Körper. 1825 ↗
- Helmut Schweppe: Handbuch der Naturfarbstoffe, 1993
- Kerstin Neumüller, Douglas Luhanko: Indigo. Anbau, Färbetechniken, Projekte.2020