
Foto: Fabian Peise - Lizenz: CC BY 4.0
Spaltbohlen
Was sind Spaltbohlen?

Foto: Fabian Peise - Lizenz: CC BY 4.0
Vorteile von Spaltbohlen
Jede Spaltbohle hat Jahresringe, die rechtwinklig zur Oberfläche verlaufen – man spricht
von stehenden Jahresringen. Dadurch bleiben sie formstabil und verziehen sich kaum, selbst wenn das Holz arbeitet. Bei gesägten Stämmen weist nur das mittlere Brett diese Eigenschaft auf. Spaltbohlen sind daher bis zu neunmal belastbarer als gleich dicke, gattergesägte Bretter. Daher setzte man sie in technisch anspruchsvollen Bereichen gezielt dort ein, wo hohe Belastbarkeit gefragt war –etwa im Schiffsbau. Dies galt selbst dann noch, als gesägte Bretter dank der Erfindung der Gattersäge eine günstigere Alternative wurden.
Ein weiterer Vorteil ist die einfache Herstellung: Baumstämme lassen sich mit einfachen Werkzeugen spalten, während gesägte Bretter einen größeren technischen Aufwand erfordern. Daher wurden Spaltbohlen im ländlichen Raum bevorzugt, weil sie leicht selbst herzustellen waren.
Außerdem haben Spaltbohlen eine größere Oberflächenfestigkeit als gesägtes Material. Daher werden bis heute unter anderem Dielenbretter, Rahmenhölzer für Türen, Gratleisten, Fassdauben oder Schindeln bevorzugt aus Brettern mit stehenden Jahrringen gefertigt.
Welche Holzarten eignen sich besonders gut für das Spalten?
Je nach Region sind Eiche, Tanne und Buche besonders geeignet. Auch Birken- und Erlenholz können je nach Verwendungszweck sinnvoll sein (siehe: Holzarten). Entscheidend ist neben der guten Spaltbarkeit, die durch langfaseriges Holz begünstigt wird, auch eine Reihe weiterer Eigenschaften: Wasserfestigkeit, Insektenbeständigkeit, Verfügbarkeit und die Größe der Stämme.
Ein beeindruckendes Beispiel aus dem frühen Mittelalter sind Truhen, die aus einer einzigen Spaltbohle mit 50 cm Breite gefertigt wurden. Um eine solche Bohle aus Eichenholz zu gewinnen, mussten sowohl die Spitze des Brettes zum Mark hin, als auch der äußere Splintholzanteil entfernt werden. Der dafür benötigte Stammdurchmesser war enorm. (Bild: Kunstgewerbemuseum)
Saftfrisches Holz
Das Spalten und das anschließende Glätten mit dem Breitbeil erfordern relativ saftfrisches Holz, das nur kurze Zeit nach der Fällung verarbeitet wird. Wurden die Bäume im Winter geschlagen, wie es bis in die Neuzeit allgemein üblich war, werden sie im darauf folgenden Jahr verbaut. Abgelagertes Holz ist steinhart und erlaubt daher weniger Korrekturen im Verlauf des Spaltens.
Werkzeuge
Für das Spalten von Holz kommen verschiedene Werkzeuge zum Einsatz:
- Spaltkeile aus Buchenholz oder Eisen, um Holz entlang der Faser zu spalten.
- Fäustel oder Spalthammer Hier scheiden sich die Geister: Während einige den Eisenhammer bevorzugen, um maximale Schlagkraft auf den Keil zu bringen, setzen andere auf den Holzfäustel, um Werkzeugverschleiß zu minimieren. Beide Methoden funktionieren.
- Breitaxt oder Dechsel zum Glätten und Zurichten der gespaltenen Bohlen.
- Einfaches Beil oder Stichaxt um widerspenstige Faserbündel zu trennen, die die abgespaltenen Teile zusammenhalten.
- Wendehaken Ein Metallhaken an einem langen hölzernen Hebel. Damit lassen sich schwere Baumstämme kraftsparend drehen und positionieren. Besonders hilfreich beim Spalten oder beim Transport von Stämmen.
Herstellung (mittelalterliche Methode)
Ein mit der Schrotsäge abgelängter Stammabschnitt wird mit Keilen halbiert, dann geviertelt, und schließlich jedes Viertel noch weiter aufgespalten, bis dünne Bretter entstehen. Es wird immer auf den Kern zugearbeitet, als ob man eine Torte aufschneidet. Dreieckig wie ein Tortenstück sehen die Bretter dann auch im Querschnitt aus: Man kann sie entweder so belassen, oder zu einem rechteckigen Querschnitt abarbeiten. Bei diesem Verfahren laufen die Spaltungen immer parallel zum Faserverlauf des Holzes, man muss also bei der Auswahl der Stämme Drehwuchs und Äste vermeiden.
Der erste Spalt: Halbierung
Bei der ersten Spaltung am intakten Stammabschnitt muss beachtet
werden, dass ein eingetriebener Keil einen Spalt erzeugt, der immer
senkrecht bis auf das Mark des Stammes weiterläuft. Von dort aus
spaltet sich das Holz jedoch in zufälliger Richtung, selten verläuft
der Spalt geradeaus zur anderen Borke hinaus. Um dem vorzubeugen,
sollte man bei der ersten Spaltung dem Spalt beidseitig seinen Weg
weisen.
Man setzt den ersten Keil weder am Hirnholz noch an der Borke
an, sondern 45° direkt an der Kante. Um einen Keil einzusetzen, erstellt man
zunächst eine Kerbe mit dem Beil, das mit dem Holzklöpfel etwas eingetrieben wird:
Nur so weit, dass man das Beil ohne Kraftaufwand wieder entfernen kann. Nun
wird der Keil eingetrieben, so weit es geht.
Der entstehende Spalt weist die
Position für alle weiteren Keile. Wenn die Hälften auf der ganzen
Länge getrennt sind, hängen sie in der Regel immer noch über einzelne Faserbündel zusammen, die von der einen Seite auf die andere wechseln. Diese Holzfasern werden mit dem Beil leicht durchtrennt. Dabei sollte man aufpassen, dass keine Metallkeile mehr im Holz stecken, die die Beilklinke beschädigen könnten.
Weiteres Spalten: Vierteln, Achteln usw.
Sobald der Stamm halbiert ist, und weitere Teilungen bevorstehen, fällt die Arbeit wesentlich leichter. Denn nun hat das durch die Keile beiseite getriebene Holz seinen Raum, um auszuweichen. Bei hartem Holz muss man den Keil immer von außen, von der Borke her ansetzen. Von der Innenseite her dringt er schlechter ein.
Besondere Herausforderungen: verdrehte Fasern
Beim Spalten zeigt sich der Vorteil von frischem Holz: Der Spalt reißt nicht so unvermittelt auf, wie bei dem steinharten, abgelagerten Holz. Sondern die Fasern reißen eine Handbreit neben dem Keil auf, und man erkennt sofort, wenn die Richtung von der gedachten Ideallinie abweicht. Schnell setzt man einen weiteren Keil auf die Linie, und kann den Verlauf der Spaltung damit steuern. Die neuen Keile werden also nicht in den Spalt gesetzt, sondern diesem voraus in die gewünschte Zielrichtung des Spaltes eingetrieben. So zwingt man den Verlauf der Spaltung in die gewünschten Bahn. Solche Korrekturen sind immer wieder notwendig, um Aststellen und leichten Drehwuchs zu überwinden. Mit etwas Übung ist man dann nicht allein auf perfekt gewachsenes Material angewiesen, sondern kann den Verlauf des Spaltes bewusst steuern. Man schaut sich bereits im Vorfeld das Stammstück an, an welcher Stelle Hindernisse, etwa größere Äste, sind. Die Spaltlinie wird dann so geplant, dass sie die Astlöcher senkrecht durchspaltet.
Zurichten der Bohlen
Mit dem Beil werden die Spaltbohlen von Rinde und Splintholz (bei Eiche wird das Splintholz nicht zum Bauen verwendet) befreit und gegebenenfalls grob auf einen rechteckigen Querschnitt zugerichtet. Danach wird es mit einem Breitbeil oder einem Dechsel (Querbeil) geschlichtet und die Oberfläche fein geglättet. Archäologische Funde zeigen selbst dort Spuren einer Glättung mit dem Breitbeil, wo dies nicht notwendig ist (Brunnen, Kloaken etc.). Diese Oberflächenbearbeitung ist typisch für die mittelalterliche Holzbearbeitung. Auf dem Land hat sie bis in die Neuzeit überlebt.
besonders exakte Bretter
Die oben beschriebene Technik reicht für den Alltagsgebrauch. Wenn die
Zimmerleute jedoch Dachstühle für große Kirchenbauten errichten wollten,
oder lange gerade Spanten für den Schiffsbau nötig waren, dann stellen sich
große Herausforderungen an die Dimension der Bretter und an den geraden Faserverlauf.
Ein Video des Museums der Provinz Örebro zeigt Handwerker bei dieser Herausforderung:
- zunächst wird eine außergewöhnlich perfekt gewachsene Kiefer ausgesucht. Das 200 Jahre alte Exemplar erscheint gerade gewachsen und bis auf 13 Meter Höhe fast gleichmäßig dick im Stamm und vollkommen astfrei.
- der geplante Spaltverlauf wird mit dem Schlagseil exakt angezeichnet und mit Beilen lückenlos auf der gesamten Länge vorgearbeitet.
- während sich der Spalt durch die Keile langsam auftut, werden mit der Stichaxt die zusammenklebenden Fasern durchtrennt. So kann das Holz gar nicht erst abweichend von der Spaltlinie einreißen.
Spaltbohlen überlappend verbinden
In vielen archäologischen Befunden zeigen sich Spaltbohlen mit einem dreieckigen Querschnitt, die lediglich oberflächlich geglättet, aber nicht zu rechteckigen Brettern weiterverarbeitet wurden. Sie wurden einfach wie Dachziegel schuppenartig überlappend verbaut (überfalzt). Für den einfachen Handwerker auf dem Land, der alles selbst erledigen musste, war jeder Mehraufwand unnötig. Hauswände aus solchen Spaltbohlen erhielten ohnehin eine dicke Lehmschicht, und bei Brunnenschächten oder als Straßenbelag blieb eine Seite sowieso durch das Erdreich verborgen. Dort wo es nicht darauf ankommt, bietet sich auch an, alte Spaltbohlen aus baufälligen Häusern wiederzuverwenden, wenn die Erhaltung das zulässt.
Spaltbohlen mit Nut und Feder verbinden
Im städtischen Bereich, etwa in Haithabu, wurden Spaltbohlen mit Nut und Feder verbunden. Da eine Seite der Bohle von Natur aus spitz zuläuft, ergibt sich bereits eine Art Feder. Es liegt daher nahe, in die breite Seite eine Nut einzuschlagen – was jedoch leichter gesagt als getan ist. Diese Technik findet sich nicht nur im gehobenen Hausbau, sondern auch im Schiffs- und Möbelbau, wo die Bretter zudem sorgfältig auf ein einheitliches Dickenmaß gebracht wurden.
Die Konkurrenz: Gesägte Bretter
Zwischen dem späten 13. und dem 15. Jahrhundert verdrängten Schrot- und Rahmensägen allmählich die Spalttechnik. Mit dem Aufkommen der Sägemühlen wurde die Produktion effizienter. Dabei sägen sich Weichhölzer, wie zum Beispiel Tanne, in trockenem Zustand besser. Parallel zur zunehmenden Nutzung von Sägen kehrten auch Hobel in die Oberflächenbearbeitung zurück. Rund 1000 Jahre nach den römischen Hobeln fanden diese Werkzeuge wieder flächendeckend Verwendung in Mitteleuropa.
- Fabian Peise: Düppeler Lexikon (Onlinepublikation), 2004
- Sibylle Bauer: Die Bohlentüren der Klosterkirche Maulbronn. Dendrochronologisch datierte Zeugnisse des mittelalterlichen Holzhandwerks zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert
- Finsterbusch, Edgar/Thiele, Werner: Vom Steinbeil zum Sägegatter. Ein Streifzug durch die Geschichte der Holzbearbeitung. Leipzig 1987.