Artikel erstellt: 21.07.2025, zuletzt geändert am 06.10.2025, Aufrufe: 115

Kalk löschen und sumpfen

Vom Branntkalk zum gelöschten Kalk

Zur Mörtelbereitung wird der gebrannte Kalk (Ätzkalk) mit Wasser übergossen und zerfällt unter großer Wärmeentwicklung (bis 150°C). Das Wasser wird in die Kristallstruktur eingebaut, so dass ein trockenes Pulver entsteht. Setzt man mehr Wasser hinzu, kann man die Mischung auch zu Brei oder Kalkmilch löschen.
geeigneter Behälter
Historisch wurden oft Holzfässer oder Gruben zum Löschen verwendet. Holz ist hitzebeständig und hält die thermischen Spannungen aus. Für moderne Anwendungen im kleineren Maßstab sind Holzbottiche aber oft schwer zu beschaffen.
Für kleinere Mengen Branntkalk (bis ca. 5-10 kg) eignen sich robuste Metallbehälter hervorragend. Sie müssen nur sauber und rostfrei sein, da Rost unerwünschte Reaktionen verursachen kann. Auch wenn manche Kunststoffe als hitzebeständig gelten, ist die punktuelle Hitzeentwicklung beim Kalklöschen extrem und kann sie verformen oder zum Schmelzen bringen.
Vorbereitung
Lege alle Materialien und Werkzeuge bereit: Branntkalk, Wasser am besten in Gießkannen zum kontrollierten Zugeben bereithalten, den Holz- oder Metallbehälter, einen langen Rührstab und als Empfehlung: eine persönliche Schutzausrüstung (PSA). Wähle einen unempfindlichen Untergrund (Beton, Pflaster) und sorge für ausreichend Abstand zu Personen und brennbaren Materialien.
Schutzausrüstung
Auch wenn du keine professionelle PSA hast, solltest du diese grundlegenden Schutzausrüstungen verwenden, um dich vor Verätzungen und Spritzern zu schützen:
  • Dicht schließende Schutzbrille oder Gesichtsschild: Das ist das Wichtigste. Spritzer in die Augen können zu schweren Schäden bis zur Erblindung führen.
  • Arbeitshandschuhe: Robuste Gummihandschuhe, Haushaltshandschuhe oder Gartenhandschuhe, die bis über das Handgelenk gehen.
  • Lange Kleidung: Trage alte, langärmlige Kleidung, eine lange Hose und festes, geschlossenes Schuhwerk. Eine alte Jacke oder Schürze ist auch empfehlenswert, um Kleidung und Haut zu schützen.
  • Im Freien arbeiten: Unbedingt im Freien oder in einem gut belüfteten Bereich arbeiten.
Kalk einfüllen
Gib die gewünschte Menge Branntkalk zuerst in den leeren Metallbehälter.
Wasser zugeben
Jetzt kommt der kritische Teil. Gib das Wasser langsam und vorsichtig hinzu. Beginne mit einer Menge, die den Kalk gerade so bedeckt. Es wird sofort stark dampfen und sich erhitzen. Es wird brodeln und zischen.
Erfahrung gehört dazu, die richtige Menge Wasser zu verwenden: Mit zu wenig Wasser bleibt die Reaktion unvollständig, und der Kalk wird durch die Hitzeentwicklung gesintert, an der Oberfläche glasig oder klumpig. Er bindet dann schlechter oder gar nicht. Mit zu viel Wasser wird mehr Wärme abgeführt, das kann die Reaktion unnötig verlängern oder stören (vor allem bei zu kalten Bedingungen). Der erfahrene Kalkbrenner erkennt an der Entwicklung des Wasserdampfes, wie viel Wasser der Kalk benötigt. Richtwert: genau so viel Wasser im Volumen, wie Kalk.
Das Ergebnis des Löschens ist entweder Kalkhydrat (als trockenes Pulver), wenn nur so viel Wasser wie chemisch nötig zugeführt wird (Trockenlöschen), oder ein Kalkbrei/Kalkschlamm, wenn ein Überschuss an Wasser verwendet wird (Nasslöschen).
Rühren
Rühre mit dem langen Stab vorsichtig um, um sicherzustellen, dass das Wasser überall hingelangt. Halte Abstand zum Behälter. Die Masse wird zu einem dicken Brei.
Abkühlen lassen
Wenn die heftigste Reaktion vorbei ist (kein starkes Brodeln mehr, geringere Hitzeentwicklung), lass den Kalkteig im Behälter abkühlen.
Abdeckung
Im Mittelalter löschte man den Kalk überwiegend "unter dem Sande", das heißt in einer Grube einen oder mehrere Fuß hoch mit Sand bedeckt. Diese Methode des Löschens, auch als Grubenlöschen oder Vergraben des Kalks bekannt, war eine gängige und hochwertige Praxis. Sie hatte mehrere entscheidende Vorteile, die zur Qualität und Festigkeit des späteren Mörtels beitrugen:
  • Das Bedecken des Brandkalks mit Sand isoliert die Masse. Die exotherme Reaktion des Löschens verläuft dadurch langsamer und kontrollierter. Ein langsames Löschen führt zu einer feineren und gleichmäßigeren Partikelgröße des gelöschten Kalks. Feinere Partikel bedeuten eine größere Oberfläche und eine bessere Reaktivität im Mörtel.
  • Erhöhte Temperatur und vollständige Hydratation: Die Isolierung durch den Sand hilft, die während des Löschens entstehende Wärme im Kalkhaufen zu halten. Dies gewährleistet, dass auch die letzten Calciumoxid-Anteile vollständig reagieren. Eine unvollständige Hydratation würde zu "treibenden" Bestandteilen im Mörtel führen, die später im Bauwerk Risse verursachen können.
  • Schutz vor Karbonatisierung: Die Sandschicht schützt den frischen Kalkteig vor vorzeitiger Karbonatisierung durch atmosphärischen Kohlenstoffdioxid. Solange der Kalkteig feucht und unter Luftabschluss gelagert wird, bleibt er plastisch und reaktionsfähig.
Sumpfen: das Altern des Kalkteigs
Oft wurde der gelöschte Kalk nicht sofort verwendet, sondern lange unter dem Sand in einer Grube gelagert. Die lange Sumpfzeit von Sumpfkalk, die oft mehrere Jahre, historisch sogar 30 Jahre und mehr betragen konnte, ist entscheidend für die Qualität und die Verarbeitungseigenschaften des Kalks.
Dieses Altern des Kalkteigs führt zu einer weiteren Verfeinerung und Verbesserung der Kristallstruktur des Calciumhydroxids durch langsame Rekristallisation und Auflösung. Alter Kalkteig ist plastischer, geschmeidiger und bindet besser, was letztlich zu einem dichteren, weniger porösen und somit festeren Mörtel führt.
spätere Lagerung
fertiger Sumpfkalk lässt sich hervorragend in Farbeimern oder anderen luftdicht verschließbaren Kunststoffbehältern lagern, solange er immer mit einer Wasserschicht bedeckt ist.

Ruhezeit als Qualitätskontrolle

Historisch war die lange Sumpfzeit oft eine Notwendigkeit und keine reine Qualitätssteigerung im heutigen Sinne. Man hatte keine modernen Kontrollmöglichkeiten für die Brenntemperaturen oder die Reinheit des Kalksteins. Das lange Einsumpfen war eine bewährte Methode, um sicherzustellen, dass eventuell nicht optimal gebrannter Kalk oder Verunreinigungen keine Schäden im Putz verursachten. Die Ruhezeit in der Grube war also auch eine Art Qualitätskontrolle durch die Natur. Die Dauer von 30 Jahren und mehr resultierte oft auch aus der Lagerung großer Mengen Kalk für zukünftige Bauprojekte, die über Jahrzehnte andauern konnten (z.B. Kathedralenbau).

Sumpfen in offenen Bottichen (moderne Methode)

Einfachere Handhabung, oft für kürzere Sumpfzeiten oder für Anwendungen, bei denen die höchste Qualität nicht zwingend erforderlich ist. Der Kalkbrei ist der Umgebungsluft und somit dem Kohlendioxid ausgesetzt. Die Oberfläche des Kalkbreis beginnt zu karbonatisieren. Es bildet sich eine Kruste aus Kalkstein, die den darunter liegenden Kalk zumindest teilweise schützt, aber auch bedeutet, dass ein Teil des Kalks bereits vor der Anwendung seine Bindefähigkeit verloren hat. Ergebnis:Der Kalk kann immer noch sehr gut sein, aber er erreicht in der Regel nicht die überragende Qualität und Reinheit eines unter Luftabschluss gesumpften Kalks.

Hinter den Kulissen

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Quellen: